Bundesarbeitsgericht: Crowdworking als Arbeitsverhältnis
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Bundesarbeitsgericht: Crowdworking als Arbeitsverhältnis

Datenschutzauskunft im Arbeitsverhältnis umfasst keine eigenen E-Mails

21. Dezember 2020

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 01.12.2020 (Az. 9 AZR 102/20) entschieden, dass die Durchführung von Kleinstaufträgen („Mikrojobs“) durch so genannte „Crowdworker“ als Nutzer einer Online-Plattform auf der Grundlage einer Rahmenvereinbarung mit dem Plattform-Betreiber als Arbeitsverhältnis angesehen werden kann.

Im zugrunde liegenden Fall führte ein Unternehmen Kontrollen der Präsentation von Markenartikeln im Einzelhandel und in Tankstellen durch. Die Kontrolle vor Ort wird durch Crowdworker übernommen, wobei die einzelnen Aufträge auf einer Online-Plattform ausgeschrieben und auf der Grundlage einer Basis-Vereinbarung vergeben werden. Wenn ein Crowdworker einen Einzelauftrag erhält, muss er den Auftrag in der Regel innerhalb von zwei Stunden nach konkreten Vorgaben des Unternehmens erfüllen. Inhalt des Auftrags ist die Dokumentation der Präsentation anhand von Fotoaufnahmen und Beschreibungen der Produktwerbung vor Ort. Nach der Vergabe von Erfahrungspunkten für erledigte Aufträge erhalten die Auftragnehmer über die Plattform die Möglichkeit, ihre Bewertungsstufe zu erhöhen und damit gleichzeitig auch mehrere Aufträge anzunehmen. 

Nachdem es zu Unstimmigkeiten zwischen dem betroffenen Auftragnehmer und dem Unternehmen gekommen, kündigte das Unternehmen dem Auftragnehmer an, ihm zukünftig keine weiteren Aufträge mehr anzubieten. Hiergegen klagte dieser mit der Begründung, dass es sich um die unberechtigte Kündigung eines Arbeitsverhältnisses handele. 

Das BAG bestätigte nun das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses in einem solchen Fall. Hierbei kommt es darauf an, ob der Beschäftigte weisungsgebundene, fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit leistet. Dies ist beim Crowdworking der Fall, wenn die Auftragsvergabe über die Online-Plattform so gesteuert wird, dass der Auftragnehmer seine Tätigkeit nach Ort, Zeit und Inhalt nicht frei gestalten kann. Hier war der Inhalt der Kleinstaufträge vorgegeben, und zusätzlich gab es das Anreizsystem, zur weiteren Erhöhung der Bewertung und damit der Auftragszahl möglichst kontinuierlich Aufträge zu erledigen. Dies ist nach Auffassung des BAG in arbeitnehmertypischer Weise eine weisungsgebundene und fremdbestimmte Arbeit in persönlicher Abhängigkeit. 

Im Ergebnis wurde eine dauerhafte Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers allerdings nicht festgestellt, denn während des Rechtsstreits hatte das Unternehmen vorsorglich auch die  fristgerechte Kündigung eines etwaigen Arbeitsverhältnisses erklärt. Diese Kündigung sah das BAG als wirksam an.