Negativzinsen der Banken: Weitergabe oder Kontokündigung?
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Negativzinsen der Banken: Weitergabe an Kunden oder Kontokündigung?

Negativzins

23. Februar 2021

Seitdem die Europäische Zentralbank (EZB) im September 2019 den Einlagenzins für Bankguthaben auf minus 0,5 Prozent gesenkt hat, versuchen immer mehr Banken und Sparkassen, diese Minuszinsen an ihre Kunden weiterzugeben und den bestehenden Guthaben zuzuschlagen.

Für bereits bestehende Giro- oder Sparkonten kann ein einseitiger Strafzins aber nicht verlangt werden, wenn dies zuvor nicht ausdrücklich vereinbart wurde und die wechselseitigen Zahlungspflichten lediglich in einer Zinszahlung durch die Bank oder Sparkasse einerseits und einer Kontoführungsgebühr durch den Kunden andererseits bestehen sollten. Dann ist ein Negativzins nicht mit der vertraglichen Grundlage in Einklang zu bringen. Dies hatte das Landgericht Tübingen bereits im Jahr 2018 entschieden (Az. 4 O 187/17 und 4 O 225/17).

Seit ungefähr einem halben Jahr sind Banken und Sparkassen daher verstärkt dazu übergegangen, ihren Kunden eine einvernehmliche Vereinbarung einer negativen Verzinsung nahezulegen oder die Kunden dazu zu drängen, ihre Guthaben in spekulativere und damit für die Kreditinstitute gewinnträchtigere Anlageformen umzuschichten. Auch diesem Drängen sind viele Kunden aus gutem Grund nicht nachgekommen.

Der nächste Schritt besteht nun darin, dass die Konten der ‚widerspenstigen‘ Kunden gekündigt werden. In einem ersten Urteil vom 03.12.2020 (Az. 22 O 23/20) hat das LG Köln diese Vorgehensweise im Grundsatz akzeptiert, da die Banken nun einmal auf das veränderte Zinsumfeld reagieren müssten. Allerdings wies das Gericht darauf hin, dass vor einer endgültigen Beendigung der Geschäftsverbindung eine Änderung der Konditionen angeboten werden muss. Eine gefestigte Rechtsprechung zu derartigen Kündigungen gibt es noch nicht.

Gegen eine solche Kontenkündigung lassen sich daher einige Argumente anführen:

  • Die Bank muss in jedem Fall zuvor ein Gespräch über eine einvernehmliche Vertragsänderung zu angemessenen Konditionen anbieten. Solche Konditionen bestehen zum einen aus Freibeträgen und zum anderen aus einem Zinssatz, der nicht höher als 0,3 bis 0,5 % p. a. liegen sollte.
  • Sofern die Kontoverbindung vereinbart wurde, als die EZB-Zinsen bereits negativ waren oder sogar bereits beim jetzigen Stand von -0,5 % lagen, dürfte sich die Bank kaum auf eine nachträgliche Änderung der „äußeren Bedingungen“ berufen können. Dies wäre aber Voraussetzung für eine solche Kündigung.
  • Sparkassen unterliegen zudem einer besonderen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf ihre Kunden. Wer also sein Girokonto bei der Sparkasse hat, genießt hier einen zusätzlichen Bestandsschutz.

In der Praxis bieten die bestehenden Rechtsunsicherheiten regelmäßig eine ausreichende Grundlage für gütliche Einigungen mit den betroffenen Kreditinstituten. Hier besteht bei der Vereinbarung der neuen Konditionen für die Kontoverbindung (Freibeträge, Zinsvereinbarung) derzeit noch ein gewisser Verhandlungsspielraum.