Manipulierte Daimler-Diesel: Prozessauftakt weckt Hoffnungen
0211/836 80 57-0 kanzlei@baum-reiter.de
0211/836 80 57-0 kanzlei@baum-reiter.de

Manipulierte Daimler-Diesel: Prozessauftakt weckt Hoffnungen 

Manipulierte Daimler-Diesel: Prozessauftakt weckt Hoffnungen

Das OLG Stuttgart sendet am ersten Tag der Musterfeststellungsklage gegen Mercedes-Benz positive Signale in Richtung Verbraucher 

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der EuGH-Generalanwalt erhöhen den Druck auf deutsche Gerichte, bei manipulierten Dieselfahrzeugen stärker im Sinne der Verbraucher zu entscheiden. Auch die beim OLG Stuttgart anhängige Musterfeststellungsklage gegen Mercedes scheint in diese Richtung zu tendieren. 

Stuttgart im Juli 2022: Das OLG Stuttgart hat am ersten Verhandlungstag der vor nahezu auf den Tag genau einem Jahr bei ihm von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eingereichten Musterfeststellungsklage (MFK) gegen die Mercedes-Benz Group AG (vormals Daimler AG) positive Signale in Richtung der geschädigten Käufer ausgesandt. 

Worum geht es? 

Der vzbv hatte im Juli 2021 beim Oberlandesgericht Stuttgart eine sogenannte Musterfeststellungsklage gegen die Mercedes-Benz Group AG eingereicht. Konkret geht es darum, festzustellen, ob Käufern von GLC- und GLK-Modellen, bei denen ein Dieselmotor OM 651 zum Einsatz kommt, aufgrund eines verpflichtenden Rückrufs des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) wegen der Nutzung von unzulässigen Abschalteinrichtungen (wie z.B. der sog. „Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung“) ein Schadensersatzanspruch gegen Mercedes-Benz zusteht. Davon betroffen sind in Deutschland rund 50.000 Mercedes-Modelle der Typen GLC und GLK. In diesem Zusammenhang waren die Käufer gezwungen, ein Software-Update aufspielen zu lassen, um die Stilllegung des jeweiligen Fahrzeugs zu verhindern.  Der Rückruf geschah im Sommer 2018, sodass zum Jahresende 2021 die Verjährung der Ansprüche drohte. Der vzbv empfahl deshalb den geschädigten OM-651-Fahrern die Teilnahme an seiner (verjährungshemmenden) Musterfeststellungsklage; davon machten knapp 3000 Käufer Gebrauch. Daimler bestreitet bis heute jegliche Verantwortung für die vorgenommene Manipulation. 

Verbraucherfreundliche Signale am ersten Prozesstag 

Am ersten Prozesstag, dem 11. Juli 2022, positionierte sich der mit dem Fall betraute 24. Senat des OLG Stuttgart verbraucherfreundlich. So wird der Auslöser für die Rückrufschreiben des KBA als durchaus gravierend eingestuft, womit die Klage des vzbv über eine plausible und belastbare Grundlage verfügt. Die Richter erkennen bei den Euro-6-Varianten des OM 651 bereits zu diesem frühen Zeitpunkt des Verfahrens genügend Anhaltspunkte für den vorsätzlichen Einbau illegaler Abschalteinrichtungen. Bei den Euro-5-Varianten sieht das Gericht hingegen noch keinen ausreichenden Verdacht, der auf Vorsatz bei Mercedes-Benz schließen lässt. Allerdings besteht die durchaus berechtigte Hoffnung, dass die Kläger der MFK diesbezüglich von Seiten des EuGH und in der Folge auch von Seiten des BGH zeitnah Unterstützung erhalten. Der Senat in Stuttgart vertagte sich aus diesem Grund auch auf den 24. Januar 2023, um die bis dahin zu erwartenden Urteile des EuGH und des BGH abzuwarten. 

Welche Rolle spielt der EuGH? 

Der EuGH könnte in naher Zukunft (wieder einmal) die Rolle des Beschützers von Verbraucherrechten im Abgasskandal einnehmen: Denn der EuGH-Generalanwalt Athanasios Rantos hatte am 2. Juni in einem ebenfalls Mercedes-Benz im Rahmen von Abgasmanipulationen betreffenden Verfahren (Az. C-100/21) vorgeschlagen, dass Autohersteller bei eigenen Verstößen gegen die verbraucherschützende Verordnung Nr. 715/2007 bereits für einfache Fahrlässigkeit haften sollten. Eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) – wie sie bislang vom BGH gefordert wird – wäre dann nicht mehr Voraussetzung einer Haftung. Da in der Vergangenheit das finale Urteil des EuGH häufig dem Vorschlag des Generalanwalts folgte, reagierten viele Oberlandesgerichte umgehend und setzen ihre Verfahren aus, um nun eine Entscheidung des EuGH abzuwarten. Der für den Abgasskandal zuständige Spezialsenat VIa. des BGH kündigte in diesem Zusammenhang per Pressemitteilung an, er werde im Rahmen einer Entscheidung am 21. November gegebenenfalls notwendige neue Richtlinien hinsichtlich der Voraussetzungen einer deliktischen Haftung von Fahrzeugherstellern veröffentlichen, wenn eine Entscheidung des EuGH vorliegt.  

Bereits am 14. Juli hat der EuGH zudem in drei Urteilen (Az. C-128/20, C-134/20 und C-145/20) entschieden, dass eine Einrichtung, die die Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffoxidemissionen nur innerhalb eines bestimmten Temperaturfensters gewährleistet (ein sog. „Thermofenster“), grundsätzlich eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt. Es ist davon auszugehen, dass auch ein solches „Thermofenster“ in den Fahrzeug-Modellen, die Gegenstand der MFK sind, von Mercedes-Benz verbaut wurde und genutzt wird. 

Die Erfolgsaussichten geschädigter Käufer verbessern sich merklich 

Sollte sich der EuGH – wie zu erwarten ist – auch in dem Verfahren C-100/21 der Ansicht des Generalanwalts anschließen, erhöhen sich die Erfolgssausichten für Klagen von Fahrzeugerwerbern gegen die Autokonzerne erheblich. Der Druck auf den BGH, von seiner bisherigen Linie abzurücken, stiege weiter an; die deutschen Instanzgerichte müssten dann in Zukunft bereits bei Vorliegen einfacher Fahrlässigkeit im Sinne der Kläger urteilen. Außerdem würde die Verteidigungslinie von Mercedes im Rahmen der MFK hinfällig, das OLG Stuttgart müsste die MFK beim OM 651 pro vzbv entscheiden. Damit wäre der Weg für die nachfolgenden (sodann erfolgreichen) Individualklagen gegen Mercedes-Benz frei. 

Baum Reiter: Mit der Expertise von 25.000 Verbraucher-Mandaten 

baum reiter & collegen sind seit über 20 Jahren im Verbraucherschutz tätig und haben seitdem ca. 25.000 Mandate in den Gebieten Schrottimmobilen, Kreditwiderruf, Vorfälligkeitsentschädigung, Online-Glücksspiel und Dieselabgasskandal betreut. Wir unterstützen Sie fachmännisch, Ihre Ansprüche gegen oft übermächtig erscheinende Gegner durchzusetzen. Seit vielen Jahren arbeiten wir mit einem renommierten Prozessfinanzierer zusammen und konnten in der Vergangenheit viele Erfolge (positive Urteile, Vergleiche) für unsere Mandanten erkämpfen. In einer kostenfreien Erstberatung (Plausibilitätscheck und Bewertung der individuellen Erfolgschancen) erläutern wir Ihnen transparent und ausführlich Ihre juristischen Möglichkeiten. Gerne nehmen wir eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Falls vor. Prüfen Sie Ihre Erfolgsaussichten kostenlos und unverbindlich unter: https://baum-reiter.de/abgasskandal/online-check/