23. November 2020
In einem aktuellen Urteil hat das OLG Frankfurt einer Abmahn-Kanzlei einen Riegel vorgeschoben und ihr die Erstattung der Anwaltskosten verwehrt, weil sie quasi „industriell“ mehrere Hundert Abmahnungen im Jahr verschickte (Urt. v. 12.11.2020, Az. 6 U 210/19).
Auftraggeber der Kanzlei war eine GmbH, die im konkreten Fall ein Reisebüro abmahnen ließ, weil es auf seiner Webseite den obligatorischen Hinweis auf die europäische Streitschlichtungsplattform für den Online-Handel vergessen hatte. Neben der Unterlassung des angeblich rechtswidrigen Verhaltens des Reisebüros verlangte die GmbH die Erstattung der Anwaltskosten für die beauftragte Kanzlei. Das OLG Frankfurt wies in zweiter Instanz dieses Ansinnen rechtskräftig zurück. Der Unterlassungs- und Kostenerstattungsanspruch bestehe nicht, wenn der Zweck der Abmahnung ersichtlich nur darin liege, vom Abgemahnten eine Zahlung zu verlangen und sich sowie den beauftragten Anwälten auf diese Weise eine Einnahmequelle zu erschließen. Eine solche missbräuchliche Abmahntätigkeit sah das Gericht darin, dass innerhalb eines Jahres 240 solcher Abmahnungen von der GmbH verschickt worden waren, die stets mit ähnlichen Pflichtverletzungen bei Internet-Auftritten begründet wurden. Schutzwürdige Interessen der Klägerin sah das Gericht durch die fehlerhaften Angaben im Internet ebenso wenig verletzt wie den Wettbewerb.
Das Urteil ist ein gutes Zeichen gegen eine ‚Abmahn-Industrie‘, die kleine formelle Fehler von Internet-Anbietern – wie eben der häufig unterlassene Hinweis auf die Streitschlichtungs-Plattform – ausnutzt, um schnelles Geld zu machen. Zwar sollten die Angabe- und Informationspflichten bei Internet-Auftritten im Verbraucherinteresse beachtet werden. Dies berechtigt aber noch nicht zum ‚Abzocken‘ von Anbietern, denen hierbei mal ein kleiner Fehler unterläuft.