Kartellbeschwerde gegen GDV und Rechtsschutzversicherer
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Kartellbeschwerde gegen GDV und Rechtsschutzversicherer

5. März 2018

Kanzleien baum reiter & collegen und Gansel Rechtsanwälte erheben Vorwurf eines Kartellrechtsverstoßes in der Rechtsschutzversicherungsbranche

Am Dienstag, dem 29. September 2015 wandten sich die Kanzleien Gansel Rechtsanwälte (Berlin) und baum · reiter & collegen (Düsseldorf) mit einer Beschwerde über die deutschen Rechtsschutzversicherungsunternehmen sowie den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) an das Bundeskartellamt. Es geht um das fragwürdige Regulierungsverhalten der Versicherer in den Kreditwiderrufsfällen, in denen Verbraucher die Möglichkeit nutzen, oft noch Jahre nach Vertragsabschluss aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen ihre teuren Immobiliendarlehen zu widerrufen und auf Neuverträge zu günstigeren Zinskonditionen umzusteigen.

Der zentrale Vorwurf in der 38 Seiten umfassenden Beschwerde geht dahin, dass der GDV in der umstrittenen Frage der Streitwertbemessung lenkend auf die Rechtsschutzversicherer eingewirkt hat, in deren Konsequenz sie ihre Geschäftspolitik in diesem Punkt nahezu vollständig vereinheitlicht haben. Hintergrund ist ein Rundschreiben des Dachverbandes an seine Mitgliedsunternehmen vom 17. Juli 2015. Darin geht der GDV auf „aktuelle Entscheidungen“ ein, die den „Streitwert zum Widerruf von Verbraucherdarlehen“ betreffen, und stellt für die Versicherer eine Auflistung entsprechender Urteile bereit. Hierbei beschränkt sich der GDV jedoch ausschließlich auf die Wiedergabe derjenigen aktuellen Rechtsprechung, die den Interessen der Versicherer entgegenkommt, und lässt so ein einseitig verzerrtes Bild der Entscheidungsrealität an deutschen Gerichten entstehen. Genau hier sehen die Beschwerdeführer die Grenze der kartellrechtlich zulässigen Rechtsberatung durch den Verband überschritten.

Darüber hinaus sind in den über 150 Seiten Anlagen zahlreiche Vorgänge dokumentiert, wo die Rechtsschutzversicherer versuchen, Einfluss auf den Inhalt der Klageanträge zu nehmen oder Vorgaben zur rechtlichen Vorgehensweise zu machen.

Während die Versicherer mit ihrem Vorgehen Kosten einsparen wollen, bedeutet dies für die Anwaltschaft einen massiven Eingriff in die anwaltliche Mandatsführung sowie eine erhebliche Beschneidung der Honorare. „Eine fundierte fachanwaltliche Vertretung eines kompletten Gerichtsverfahrens zu diesen Tarifen ist in den teils hochkomplexen Fällen oft kaum möglich“, sagt Rechtsanwalt Prof. Dr. Julius Reiter. Die zweifelhafte Regulierungspraxis der Versicherer birgt jedoch vor allem Nachteile für die betroffenen Verbraucher. Diese erhalten nicht in vollem Umfang den vertraglich zugesicherten Schutz, leiden unter der zeitlich verzögerten Bearbeitung ihrer Fälle, sollen zum Teil unnötige Risiken eingehen und laufen Gefahr, trotz Versicherung letztlich auf einem Teil der Gerichts- und Anwaltskosten sitzen zu bleiben.