Die neunziger Jahre bis Anfang des Jahrtausends waren für Verkäufer von teuren und riskanten Anlageprodukten goldene Jahre. Auf dem grauen Kapitalmarkt wurden hunderttausende von Schrottimmobilien unters Volk gebracht. Auch geschlossene Fonds, vor allem Immobilienfonds, fanden reißenden Absatz. Doch vielen Käufern brachten diese Anlagen nichts als Verluste. Nicht wenige stehen deshalb vor dem finanziellen Ruin. Trotzdem haben die meisten von ihnen, die sich falsch beraten fühlen, noch nicht geklagt – wohl auch, weil sie zunächst höchstrichterliche Urteile abwarten wollten, um die Erfolgschancen einer Klage besser abschätzen zu können.
Doch dafür kann es Ende des Jahres zu spät sein. „Viele könnten dann durch Verjährung mögliche Schadensersatzansprüche verlieren. Sie sollten deshalb prüfen lassen, ob es erforderlich ist, noch 2011 tätig zu werden und gegen Banken oder Vermittler Klage einzureichen, die die Verlust bringende Anlage verkauft oder finanziert haben“, sagt Rechtsanwalt Julius Reiter von der auf Bank– und Kapitalanlagerecht spezialisierten Kanzlei Baum, Reiter & Collegen. Dies gelte auch für Anleger, die in den neunziger Jahren Schrottimmobilien gekauft und mit Darlehen der Bausparkasse Badenia finanziert haben. Im Falle der Bausparkasse waren viele Klagen zunächst gescheitert. Inzwischen sprach aber der Bundesgerichtshof als oberste Instanz in einigen Grundsatzentscheidungen den Anlegern Schadenersatz zu, weil ihnen versteckte Provisionszahlungen verheimlicht wurden. „Auch wenn die Anleger von solchen Interna zuvor keine Ahnung haben konnten, droht ihnen nun die Verjährung ihrer Ansprüche zum 31.12.2011“, warnt Reiter.
Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zwei unterschiedliche Dinge. Diese Erfahrung können bald diejenigen Anleger machen, die vor zehn Jahren investiert haben. Sie haben womöglich Anspruch auf Schadenersatz, können ihn aber nicht mehr geltend machen.
Der Grund liegt an einem Paragraphenwerk, von dem die meisten Verbraucher kaum etwas wissen dürften. Zum 01.01.2002 trat die Schuldrechtsreform in Kraft. Sie verkürzte die allgemeine zivilrechtliche Verjährung von 30 auf 3 Jahre.
Trotzdem sind in vielen Fällen die drei Jahre nicht von entscheidendem Belang. Denn die dreijährige Verjährungsfrist beginnt immer erst dann, wenn der potentiell Geschädigte Kenntnis von den Umständen erhalten hat, die seine Ansprüche begründen. Gerade bei Schrottimmobilien, wie im Badenia-Skandal, kann sich dies erst Jahre nach dem Erwerb zeigen, wenn Mietgarantien auslaufen oder interne Unterlagen im Verhältnis zwischen Bank und Vertrieb bekannt werden. Dennoch endet die Verjährungsfrist Ende 2011 wiederum ohne solche Kenntnis der Anleger. Die Höchstfrist für das Geltendmachen von Ansprüchen beträgt nämlich zehn Jahre. Und diese Übergangsregel, die mit der Schuldrechtsreform und entsprechenden Veränderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) 2002 eingeführt wurde und ab dann begann, läuft Ende 2011 ab. „Alle möglichen Ansprüche aus diesen Altfällen vor 2002 sind deshalb leider nach dem 31.12.2011 verjährt“, sagt Rechtsanwalt Reiter, der Mitautor des Buches „Abkassiert – die skandalösen Methoden der Finanzbranche“ ist.
Wer glaubt, zu diesen Altfällen zu zählen, sollte sich deshalb möglichst bald professionell beraten lassen und so sicherstellen, dass mögliche Schadenersatzansprüche nicht unwiederbringlich verloren gehen, rät der Düsseldorfer Anlagerechtsexperte. Denn die Verjährung wird nicht durch ein einfaches Schreiben an die Gegenseite, sondern nur durch die Einleitung eines förmlichen Verfahrens gehemmt. „Da die Verfahren gegen Banken oder Vermittler wegen der oft komplizierten Rechts- und Faktenlage längere Vorbereitungszeit brauchen, sollten betroffene Anleger damit auch nicht bis Ende des Jahres warten“, empfiehlt Reiter.
Für Rückfragen:
Rechtsanwalt Dr. Julius F. Reiter, Rechtsanwalt Olaf Methner
Tel. 0211-83680570; E-Mail: kanzlei@baum-reiter.de