DIESELSKANDAL – BGH-ENTSCHEIDUNG § 852 BGB
0211/836 80 57-0 kanzlei@baum-reiter.de
0211/836 80 57-0 kanzlei@baum-reiter.de

Dieselskandal – BGH-Entscheidung zum Anspruch nach
§ 852 BGB mit Licht und Schatten

Verjährung

Am 10. Februar traf der BGH in gleich mehreren Verfahren (Az. VII ZR 365/21, VII ZR 396/21, VII ZR 679/21, VII ZR 692/21, VII ZR 717/21) Entscheidungen zum Eintritt der Verjährung beim Kauf von mit einer illegalen Abschalteinrichtung versehenen Gebrauchtfahrzeugen und zu einem sich gegebenenfalls daraus ergebenden Anspruch nach § 852 BGB.

Gebrauchtwagenkauf – Herstellerin hat keinen Vorteil 

Gemäß § 852 BGB kann ein Geschädigter grundsätzlich auch nach Eintritt der Verjährung noch Schadensersatz verlangen, wenn der Ersatzpflichtige etwas durch eine unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten erlangt hat. Bei den wegen der weitgehenden Übereinstimmung der Sachverhalte gleichzeitig behandelten fünf Verfahren – jeweils gebrauchte VW-Fahrzeuge, in die der manipulierte Motor EA 189 eingebaut ist – hat der VII. Zivilsenat des BGH nun entschieden, dass nach Eintritt der Verjährungkein Schadensersatzanspruch des Erwerbers eines entsprechenden Gebrauchtfahrzeugs gegen die Herstellerin aus § 852 BGB besteht.

Als Begründung führten die Richter des BGH in vier der fünf zu entscheidenden Verfahren, in denen die jeweils mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aus ihrer Sicht bereits verjährt waren, an, dass die Herstellerin des jeweiligen Fahrzeugs keinerlei wirtschaftlichen Vorteil durch die Transaktion zwischen einem Dritten als Verkäufer und dem Käufer des Gebrauchtfahrzeugs erfährt. Der BGH-Senat sah es als erwiesen an, dass bei einem solchen Gebrauchtwagenverkauf die Herstellerin weder unmittelbar noch mittelbar an einem Verkäufergewinn partizipiere. Insofern scheidet in ebensolchen Fällen auch der von den Käufern der Gebrauchtfahrzeuge geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegen die Herstellerin aus.

Verjährungsbeginn um ein Jahr nach hinten verschoben

Trotz Zurückweisung der Ansprüche nach § 852 BGB hat der BGH beim Aspekt des Eintritts der Verjährung allerdings im Sinne der Verbraucher argumentiert, wodurch zumindest eine der fünf Revisionen am Ende erfolgreich war. Grundsätzlich beginnt nach Ansicht des BGH die Verjährung eines Anspruchs im Rahmen des Dieselskandals am Ende des Jahres, in dem Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des sog. Dieselskandals im Allgemeinen von der konkreten Betroffenheit des jeweiligen Fahrzeugs und von der Relevanz dieser Betroffenheit für die Kaufentscheidung erlangt wurde. Nun stellten die Richter in Karlsruhe in diesem Zusammenhang erstmals klar, dass trotz der öffentlich zugänglichen Informationsquellen (Online-Plattform der Volkswagen AG zwecks Feststellung der Betroffenheit via FIN-Eingabe) eine grob fahrlässige Unkenntnis jedoch erst ab dem Jahr 2016 anzunehmen ist. Dabei berücksichtigte das Gericht insbesondere den Umstand, dass die Volkswagen AG ab September 2015 zwar mit Informationen an die Öffentlichkeit getreten war, aber auch weitere Erklärungen für das Jahr 2016 angekündigt hatte. So wurden von der Volkswagen AG Kundenanschreiben, in denen den Geschädigten die Betroffenheit ihres Fahrzeugs vom Dieselskandal schwarz auf weiß mitgeteilt wurde, erst im Jahr 2016 versandt. Das Zuwarten der Geschädigten bis ins Jahr 2016 hinein war aus Sicht der Richter des BGH somit nicht unverständlich und stellte mithin keinen schwerwiegenden Obliegenheitsverstoß dar. 

Auswirkungen auf noch laufende Verfahren gegen andere Hersteller

Auch wenn diese Entscheidung für die meisten EA-189-Käufer zu spät kommt, hat sie doch Auswirkungen auf die aktuell noch laufenden Verfahren – z. B. gegen Audi oder Daimler. Bei beiden Fallgruppen dürfte sich die Frist, um die Ansprüche geltend zu machen und diese damit vor einer Verjährung zu schützen, jeweils nach hinten verschieben. So ist beispielsweise davon auszugehen, dass die Verjährungsfrist von drei Jahren erst in dem Jahr beginnt, in dem Betroffene ein entsprechendes Kundenanschreiben des Herstellers ihres Fahrzeugs erhalten haben. Das ist aus Verbrauchersicht zu begrüßen.

Darüber hinaus bleibt mit Spannung nun der für den 21. Februar 2022 anberaumte Termin abzuwarten, in dem der BGH zur Frage des Schadensersatzes nach § 852 BGB bei Neufahrzeugen entscheiden wird. Denn hier liegt es auf der Hand, dass der Vermögenszuwachs des Herstellers auf dem Vermögensverlust des jeweiligen Neufahrzeugkäufers beruht.

baum reiter & collegen – Mit der Expertise von 15.000 Mandaten

Die Anwälte der Kanzlei baum reiter & collegen sind von Anbeginn im Abgasskandal aktiv geworden und betreuen mehr als 15.000 Mandanten bei ihren Klageverfahren gegen Volkswagen (VW, Seat, Skoda), Audi, Porsche und Mercedes-Benz. Wir arbeiten dabei mit einem renommierten Prozessfinanzierer zusammen und konnten in der Vergangenheit viele Erfolge (positive Urteile, Vergleiche) für unsere Mandanten erkämpfen. In einer kostenfreien Erstberatung (Plausibilitätscheck und Bewertung der individuellen Erfolgschancen) erläutern wir Ihnen gerne transparent und ausführlich Ihre juristischen Möglichkeiten. Wir unterstützen Sie fachmännisch, Ihre Ansprüche gegen die Automobilkonzerne durchzusetzen. Gerne nehmen wir eine kostenfreie und unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Falls vor.