23. Juli 2020
Düsseldorf, den 23.07.2020: Wir wenden uns an Sie am 10. Jahrestag der Katastrophe, deren strafrechtliche Verfolgung in diesen Tagen verjährt. 10 Jahre lang haben wir mehr als 80 Hinterbliebene und Opfer in ihrem Schmerz und mit ihrem Wunsch nach Aufklärung begleitet. Am Ende steht grenzenlose Enttäuschung.
Sie richtet sich mehr oder minder an alle, die für Aufklärung zuständig waren: an die Gerichte, die Staatsanwaltschaften, aber auch die Polizei und in geringerem Maße auch an die Politik. Spätestens jetzt ist umso klarer geworden, dass ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss notwendig gewesen wäre.
Die eigentlich Verantwortlichen standen nicht vor Gericht. Und es war ein Fehler der Justiz, sich nicht noch stärker auf das Verwaltungsversagen der Stadt Duisburg konzentriert zu haben. Seitens der Verwaltung wurden alle Widerstände und Bedenken niedergebügelt. Ein hoch bezahltes ‚Gefälligkeitsgutachten‘ wurde zur Grundlage der Entscheidung gemacht, weil Stadt und Land die Veranstaltung unter allen Umständen wollten im Jahr RUHR.2010 – Kulturhauptstadt Europas. Bis zum Schluss setzten sich die Verantwortlichen über die erheblichen Sicherheitsbedenken in ihrer eigenen Verwaltung hinweg. Der Oberbürgermeister tauchte ab – ein klassisches Organisationsversagen.
Wir schämen uns gegenüber unseren Mandanten und besonders gegenüber den ausländischen Mandanten: dass nun am Ende nicht in letzter Klarheit deutlich wurde, was zur Katastrophe geführt hat und welches Versagen einzelner dafür verantwortlich war. Dabei denken wir nicht nur an die strafrechtlich relevante individuelle Schuld, die wegen Verjährung jetzt ohnehin nicht mehr zur Debatte steht. Es ging immer auch darum, das komplexe Verwaltungsversagen im Einzelnen aufzudecken, was nicht geschehen ist.
Eine bemerkenswert breite kritische Medienöffentlichkeit macht deutlich, dass trotz allem die Sache nicht zu Ende ist. Auch der Landtag und die Landesregierung haben die Katastrophe anlässlich der Einstellung der Strafverfahren vor kurzem erneut zum Thema gemacht. Das hat unseren Mandanten gut getan.
Eines lässt sich dadurch nicht ungeschehen machen lassen: ein erheblicher Ansehensverlust der Justiz. Die Mahnung des Vorsitzenden Richters an unsere Mandanten, „es doch jetzt mal gut sein zu lassen“, hat diese tief verletzt.