28. Juni 2021
Der Zahlungsdienstleister Wirecard hatte Ende Juni 2020 Insolvenz angemeldet, stand allerdings schon seit Jahren in der Kritik wegen des Verdachts auf gefälschte Bilanzen. Auch die Wirtschaftsprüfergesellschaft Ernst & Young (EY) wird heftig kritisiert, da bei ihren Prüfungen zu Wirecard bezüglich dieses Verdachts grob fahrlässig gehandelt worden sei.
Um die politische Verantwortung für den Skandal aufzuklären, bemüht sich seit Oktober 2020 ein Untersuchungsausschluss. Nach monatelanger Arbeit liegt dem Bundestagspräsidenten, Wolfgang Schäuble, nun endlich der rd. 4.500 Seiten lange Wirecard-Abschlussbericht vor – und danach ‚steht‘ auch Finanzminister Olaf Scholz aus Sicht der Union ‚gar nicht mehr so gut da‘.
Laut dem Obmann der Unionsfraktion, Matthias Hauer, habe Olaf Scholz mit Wegsehen, Schweigen, verspätet gelieferten Akten und schwachen Ausreden die Aufklärung der Wirecard-EY-Thematik lediglich unnötig erschwert. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und das zuständige Finanzministerium hätten ‚geschlafen‘. Trotz koalitionsinterner Unstimmigkeiten fordert die Unionsfraktion den Rücktritt von Scholz jedoch nicht.
Einer der ehemaligen Wirecard-Bilanzprüfer der EY verweigerte als Zeuge im Untersuchungsausschuss seine Aussage und möchte nun die Nennung seines Namens im Abschlussbericht juristisch verhindern. Dem Verwaltungsgericht Berlin ist dazu ein Eilantrag auf Erlass einer Unterlassung eingegangen. Der Münchener Anwalt des Ex-Prüfers macht dazu die Persönlichkeitsrechte seines Mandanten geltend: Da es sich nicht um eine Person der Zeitgeschichte handle, stehe sein Mandant somit auch nicht in der Öffentlichkeit. Außerdem argumentiert der Anwalt, dass ohnehin seit über einem Jahr im Fall Wirecard nichts weiter als ein Anfangsverdacht gegen seinen Mandanten bestehe. Aus diesem Grunde dürften Passagen mit der Namensnennung des Ex-Prüfers im Abschlussbericht des Ausschusses gar nicht veröffentlich werden.
Für den stellvertretenden Vorsitzenden im Untersuchungsausschuss, Hans Michelbach, ist jedoch klar, dass es für ein Verwaltungsgericht gar nicht möglich sei, so Einfluss auf einen Untersuchungsausschuss zu nehmen. Seine Argumentation unterstreicht Michelbach mit Verweis auf den Grungesetz-Artikel 44 Absatz 4, in dem es heißt, dass Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse der richterlichen Erörterung entzogen sind. Gerichte sind in der Würdigung und Beurteilung des der Untersuchung zugrundeliegenden Sachverhaltes frei.